Bozen, Göttingen, 7. November 2005
Unter dem designierten Außenminister Frank-Walter
Steinmeier droht in der deutschen China-Politik ein Ausverkauf
der Menschenrechte. Davor hat anlässlich des bevorstehenden
Deutschland-Besuches des chinesischen Staatspräsidenten Hu
Jintao (10.-12.11.) die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) am Montag gewarnt. "Steinmeier war der
Architekt der China-Politik des scheidenden Bundeskanzlers
Gerhard Schröder, in der Wirtschaftsinteressen Vorrang vor
Menschenrechten eingeräumt wurde", sagte der
GfbV-Asienreferent Ulrich Delius.
Habe Außenminister Joschka Fischer aufgrund seiner massiven
Kritik an der China-Politik seines Amtsvorgängers Klaus
Kinkel noch die Bedeutung der Menschenrechte betont, so wird nun
ein Fürsprecher für die Menschenrechte in der deutschen
China-Politik fehlen, befürchtet die GfbV. Steinmeier sei
ein erklärter Befürworter der Aufhebung des
EU-Waffenembargos gegen China, die Joschka Fischer noch abgelehnt
habe. Präsident Hu Jintao hat angekündigt, bei seinem
Deutschland-Besuch erneut für ein Ende des Waffenembargos zu
werben.
Die GfbV verlangte ein Umdenken in der deutschen China-Politik,
da Bundeskanzler Gerhard Schröder mit seinem Kotau vor der
Pekinger Führung gescheitert sei. "Obwohl der Handel mit
China starke Zuwächse meldet, ist der vom Bundeskanzler
versprochene demokratische Wandel in der Volksrepublik
ausgeblieben", erklärte Delius. Im Gegenteil, trotz
boomender Wirtschaft würden Menschenrechte immer massiver
verletzt. Auch habe alle Anbiederung Berlins nicht geholfen, um
Chinas Unterstützung für die Durchsetzung deutscher
Interessen zu bekommen. Bezeichnend sei Pekings Ablehnung des
deutschen Wunsches nach einem ständigen Sitz im
Weltsicherheitsrat gewesen.
"Für die verfolgten Tibeter, Uiguren, Mongolen, Christen,
Anhänger der Demokratiebewegung oder der Meditationsbewegung
Falun Gong wird eine deutsche China-Politik ohne Blick auf die
Menschenrechte schwerwiegende Folgen haben", warnte Delius.
"Dabei könne sich gerade die deutsche Regierung wirksam
für mehr Menschenrechte und Demokratie in der Volksrepublik
einsetzen, gelte Deutschland bei der Pekinger Führung doch
als bester Freund." Ein Plädoyer für Menschenrechte in
China sei kein überflüssiger Luxus, sondern
entspräche auch langfristig deutschen Interessen, da nur
eine Demokratisierung Chinas und eine Verbesserung der
Menschenrechtslage auf längere Sicht die Stabilität in
der Volksrepublik sichern könnten, die für einen Ausbau
der Wirtschaftsbeziehungen notwendig sei.