In: Home > News > China / Uiguren. Die Menschenrechtsaktivistin Rebiya Kadeer informiert über die Verbrechen Chinas
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Bozen, 22. Januar 2010
Die uigurische Menschenrechtsaktivistin Rebiya Kadeer.
Die Situation der Menschenrechte in Ost-Turkestan / Xinjiang
kann mit der Anzahl der aus politischen Gründen zum Tod
Verurteilten zusammengefasst werden: Von 1997 bis heute wurden so
mehr als 700 Uiguren hingerichtet! Seit Jahrzehnten sind die
Uiguren Opfer einer massiven Unterdrückungspolitik. Wie auch
in Tibet, sind die uigurische Identität und Kultur durch die
massive, staatlich geförderten Zuwanderung von Han-Chinesen
in ihre Provinzen bedroht.. Die Glaubensfreiheit der
überwieglicht muslimischen Uiguren wird vom chinesischen
Sicherheitsapparat massiv unterdrückt und ihre
Bewegungsfreiheit wird aufgrund ihrer ethnischen
Zugehörigkeit in der gesamten Volksrepublik China stark
eingeschränkt. Eine restriktive Sprachenpolitik in
Ostturkestan und massive Diskriminierung im Arbeitsleben
führen zu wachsender Frustration.
Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 versucht
China, die Verfolgung uigurischer Bürger- und
Menschenrechtler als Beitrag zum weltweiten Kampf gegen den
Terrorismus hinzustellen. Die Uiguren, die in ihrer
überwältigenden Mehrheit friedlich ihre Rechte
einfordern, werden pauschal zu "Terroristen" erklärt, die
angeblich einen eigenen Staat anstreben. Ein Dialog mit
uigurischen oppositionellen und Menschenrechtlern lehnen die
chinesischen Behörden strikt ab.
Die bekannteste uigurische Menschenrechtlerin Rebiya Kadeer, die
zur Zeit im US-amerikanischen Exil lebt, wird vom 25. bis zum 27.
Jänner 2010 in Bozen zu Gast sein und eine Reihe von
öffentlichen Vorträgen halten (siehe Programm in
www.gfbv.it/2c-stampa/2010/100122kadeer.pdf)
1948 in den Bergen von Altai Ost-Turkestan (Xinjiang) geboren,
ist Rebiya Kadeer Chinas bekannteste Dissidentin und
Präsidentin des Weltkongresses der Uiguren. Die
Menschenrechtsaktivistin engagiert sich seit jeher für die
sozialen und kulturellen Interessen ihrer Landsleute. In den
'90-Jahren beschliesst sie, sich offiziell in der Politik zu
engagieren und wird Mitglied des Volkskongresses der Region
Xinjiang. Daraufhin wird sie als erste uigurische Frau für
den Volkskongress in Peking nominiert, aber ihr politisches und
soziales Engagement wird von der chinesischen Führung nicht
toleriert. 1999 wird Rebiya Kadeer verhaftet und verbringt 6
Jahre im Gefängnis. Seit ihrer Freilassung 2005 lebt sie im
Exil in den USA.
Der Großteil der rund 10 Millionen Uiguren, die zur Familie der Turkvölker gehören, lebt in Ostturkestan, ihrem traditionellen Siedlungsgebiet. Dieses gut 1,6 Millionen km2 große Land ist 1949 von der Roten Armee unter Mao Tse Tung besetzt und von der Volksrepublik China annektiert worden. 1955 wurde das riesige Gebiet zur "Autonomen Uigurischen Region Xinjiang" erklärt (chinesisch für "Neues Grenzland"). Trotz Anerkennung der Uiguren als eines der 55 Minderheitenvölker Chinas und formaler Autonomie, übt die eigentliche Macht in Xinjiang - wie im ganzen Staat - die Kommunistische Partei und der Sicherheitsapparat der Volksrepublik aus. Xinjiangs reichen Rohstoffvorkommen sowie seine Lage als "Fenster" zu den Rohstofflieferanten und Märkten Zentralasiens sind für China von größter Bedeutung. Hier liegt auch Chinas größtes Atomwaffentestgelände (Lop Nur) und die zweitgrößte Sandwüste der Erde (Takla Makan).
Ostturkestan /
Xinjiang
Bevölkerung (2007): 20.952.000
Fläche: 1.660.000 km2
Hauptstadt: Ürümtschi
Offizielle Sprachen: Chinesisch, Uigurisch, Kasachisch (in aut.
Präfektur Ili/Altay)
Ethnische Zusammensetzung (2007): Uiguren (45%), Han (41%),
Kasachen (7%), Hui (5%), Kirgisen (0,9%), Mongolen (0,8%),
andere
Politischer Status: Seit 1955 "Autonome" Region der VR
China
Quelle: http://en.wikipedia.org
Kashgar.
Systematische Assimilationspolitik
Seit der Angliederung Ostturkestans betreibt China eine
systematische Assimilationspolitik, getarnt als "Modernisierung"
und Integration. 1949 lebten in diesem Gebiet rund 5 Millionen
Uiguren und 300.000 Han-Chinesen, die vor allem im östlichen
Teil des Landes siedelten. Heute ist mindestens jeder dritte der
20 Millionen Einwohner Xinjiangs ein Han-Chinese (7,5 Mio laut
Volkszählung 2000), während der Anteil der Uiguren auf
45% gesunken ist. Der Rest besteht aus anderen Minderheiten wie
Kasachen, Kirgisen, Mongolen, Hui und Pamir-Tadschiken.
Tatsächlich leben noch weit mehr Chinesen in Ostturkestan,
weil bei offiziellen Volkszählungen Soldaten, Polizisten,
Kader und Mitarbeiter der großen staatlichen "Produktions-
und Baugesellschaft Xinjiang" nicht erfasst sind.
Gefördert wird die Ansiedlung von Han-Chinesen auch durch
große Infrastrukturprojekte wie Eisenbahnen und
Straßen. 1992 wurde die Bahnlinie nach Kasachstan gebaut,
1999 die 1.500 km lange Linie von der Regionshauptstadt
Ürümtschi nach Kashgar. In dieser uralten uigurischen
Handelsstadt an der zentralen Route der Seidenstraße wird
derzeit von den Chinesen eine massive urbanistische
"Modernisierung" betrieben, die den muslimisch-uigurischen
Charakter der Stadt schwerstens beeinträchtigt. 75% der
Bevölkerung der Millionenstadt Ürümtschi sind
inzwischen Han-Chinesen. Uiguren und kleinere Volksgruppen
Ostturkestans empfinden die chinesischen Siedler als illegale
Einwanderer, die die Bevölkerungsstruktur im Sinne der
chinesischen Führung verändern sollen.
Reiche Rohstoffvorkommen
Unter vielen chinesischen Neusiedlern herrscht
Goldgräberstimmung. Angelockt von dem 1999 von
Staatspräsident Jiang Zemin verkündeten "Großen
Entwicklungsplan für den Westen", der massive Investitionen
in Tibet, Xinjiang und anderen westlichen Provinzen vorsieht,
hoffen sie auf Arbeit. Die chinesische Führung betreibt die
Erschließung des Westens nicht nur aus militärischen
Gründen, um die Grenzen zu den Nachbarstaaten zu sichern und
um eine Abspaltung Tibets oder Ostturkestans zu verhindern,
sondern auch, um sich Rohstoffe zu sichern. Denn die
prosperierende Wirtschaft in den industriellen Zentren an der
Ostküste verlangt immer mehr Rohstoffe. Unter dem Deckmantel
der "wirtschaftlichen Erschließung benachteiligter
Regionen" wird die Ausbeutung neuer Rohstoffvorkommen in Xinjiang
und Tibet vorangetrieben. Schon heute ist Xinjiang der
bedeutendste Erdgaslieferant der Ostküste. Im Oktober 2007
wurde erneut ein großes Erdgasfeld in der Region entdeckt,
das Reserven in Höhe von 130 Milliarden Kubikmetern Gas
enthalten soll. Im Jahr 2006 wurden 8 Milliarden Kubikmeter
Erdgas in Ostturkestan gefördert. Bislang werden in der
Region insgesamt acht Billionen Kubikmeter Erdgas vermutet.
Auch werden immer mehr Ölfelder im Tarim-Becken in
Ostturkestan erschlossen. Tibet liefert Holz, Wasser, Gold,
Kupfer, Bauxit und Kohle. Für die ansässige heimische
Bevölkerung bringt die Rohstofferschließung keine
wirtschaftlichen Perspektiven, denn chinesische Arbeitgeber
bevorzugen Han-Chinesen. Uiguren, Kasachen und andere ethnische
"Minderheiten" werden benachteiligt.
Diskriminierung der uigurischen Sprache und der
Minderheitensprachen Ostturkestans
Obwohl Uigurisch als Minderheitensprache und zweite offizielle
Sprache Xinjiangs anerkannt ist, sollen die Uiguren und kleineren
Gruppen nach dem Willen der Behörden vor allem Chinesisch
lernen. Nach den Unruhen der 1990er Jahre wurde das bisherige,
nach Unterrichtssprache aufgeteilte Schulsystem abgebaut und das
Prinzip Unterricht in der Muttersprache nach und nach
ausgehöhlt.
Eine im April 2004 vom Parteikomitee der Kommunistischen Partei
Xinjiangs verabschiedete Erziehungsrichtlinie sieht die
schrittweise Abschaffung der "Minderheiten-Schulen" vor. Neben
den Schulen für Han-Chinesen, die auch von muslimischen Hui
besucht werden, gab es bislang in allen drei Schulstufen
(Grundschule, Mittelschule, Obere Mittelschule) separate Schulen
für Uiguren und andere in Xinjiang lebende Volksgruppen
(Kasachen, Mongolen, Kirgisen, Pamir Tadschiken), in denen die
Minderheiten-Sprache als Unterrichtssprache eingesetzt wurde.
Wurde in den letzten Jahren bereits ab der 3. Klasse in diesen
Minderheiten-Schulen in Chinesisch unterrichtet, so sollen die
Minderheitensprachen nun ganz zugunsten des Chinesischen
abgeschafft werden.
Die Minderheiten-Schulen sollen aufgelöst und den
chinesischen Schulen angeschlossen werden. Tausende uigurische
Lehrer werden mangels ausreichender Chinesisch-Kenntnisse ihre
Arbeit verlieren, da sie nicht an chinesischen Schulen
unterrichten können. Im Zuge der Assimilation waren die
Schülerzahlen an den Minderheiten-Schulen in den letzten
Jahren bereits zurückgegangen. Immer häufiger melden
uigurische Eltern ihre Kinder an chinesischen Schulen an, um
ihnen ein gutes berufliches Fortkommen zu ermöglichen. Denn
die chinesische Führung macht mit ihrer Politik der
Assimilation deutlich, dass in der Volksrepublik nur beruflich
Karriere machen kann, wer Chinesisch spricht und sich dem
Wertesystem der Kommunistischen Partei Chinas unterwirft.
Minderheiten-Kultur hat darin allenfalls einen folkloristischen
Stellenwert.
Durch die chinesische Assimilationspolitik ist die uigurische
Sprache und Kultur in ihrem Fortbestand ernsthaft bedroht. Obwohl
in der Verfassung und im chinesischen Rahmengesetz zur regionalen
nationalen Autonomie verankert, werden die Sprachenrechte und
kulturellen Rechte der Nicht-Han-Bevölkerung Ostturkestans
massiv verletzt.
Unterdrückung der
Religionsfreiheit
Nicht nur Meinungs- und Versammlungsfreiheit, sondern vor allem
die Religionsfreiheit der muslimischen Uiguren wird systematisch
verletzt. So werden Moscheen und Koran-Schulen willkürlich
geschlossen, religiöse und kulturell bedeutende Schriften
und Bücher öffentlich verbrannt, das Feiern
muslimischer Feste wird untersagt, Imame werden zur Teilnahme an
Umerziehungskursen der Kommunistischen Partei gezwungen, um sie
auf den Kurs der Kommunistischen Partei zu verpflichten. Kindern
wird an den Schulen die Teilnahme an religiösen Feiern
untersagt.
Kriminalisierung der uigurischen
Bürgerrechtler
Auch im Ausland wächst der Druck der Volksrepublik auf
uigurische Bürger- und Menschenrechtler. So werden in
zahlreichen Staaten über chinesische Botschaften "schwarze
Listen" von unerwünschten Uiguren bei den lokalen
Behörden mit der Aufforderung hinterlegt, diesen Personen
die Einreise zu verweigern. Von dieser Einschränkung ihrer
Reise- und Bewegungsfreiheit betroffen sind zum Beispiel auch
Vertreter des Weltkongresses der Uiguren. Ein Hauptaugenmerk
richtet China auf die Aktivitäten uigurischer
Menschenrechtler in Deutschland. So forderte die Volksrepublik
die deutschen Behörden mehrfach in den letzten fünf
Jahren auf, drei uigurische Organisationen mit Sitz in
München und Nürnberg zu verbieten, ihr Kapital
einzuziehen und die Mitglieder dieser Vereine nach China
auszuweisen.
Eine öffentliche Reaktion deutscher Behörden auf die
Anfragen aus China ist nicht bekannt, doch erklärten das
Bundesinnenministerium und das für München und
Nürnberg zuständige Bayerische Landeskriminalamt und
der Bayerische Verfassungsschutz auf GfbV Anfrage, dass alle
genannten uigurischen Organisationen die deutschen Gesetze
achteten und auf dem Boden des Grundgesetzes stehen würden.
Der Weltkongress der Uiguren und andere uigurische Organisationen
in Deutschland suchen regelmäßig das Gespräch mit
den zuständigen deutschen Sicherheitsbehörden, um sie
über ihre Menschenrechtsarbeit zu informieren. Mit
größtmöglicher Transparenz reagieren die
uigurischen Organisationen in Deutschland auf die Vorwürfe
der chinesischen Behörden und konnten so dokumentieren, dass
die Vorwürfe unbegründet sind.
Schwere Menschenrechtsverletzungen
Keine andere ethnische Gruppe war in der Volksrepublik China in
den vergangenen 20 Jahren so massiver und willkürlicher
Gewalt der Sicherheitskräfte ausgesetzt wie die Uiguren. So
wurden seit Mitte der 90er-Jahre im Rahmen der "Schlag hart
zu"-Kampagne der Sicherheitskräfte mehr als 700 Todesurteile
aus politischen Gründen gegen Uiguren verhängt und
vollstreckt. Im gleichen Zeitraum wurde in Tibet ein Tibeter zum
Tode verurteilt. Die willkürliche Gewalt richtet sich nicht
gegen Einzelpersonen, sondern gegen die gesamte
Bevölkerungsgruppe der Uiguren. So werden in Xinjiang
Menschen allein aufgrund ihrer ethnischen Abstammung verfolgt,
und nicht nur aufgrund konkreter Straftatbestände. Wer sich
für die Bewahrung der traditionellen Kultur und für
Menschenrechte in Ostturkestan einsetzt, gilt als
Unterstützer des "Terrorismus" und wird mit jahrelanger Haft
oder sogar mit der Hinrichtung bestraft. Dies gilt auch für
Uiguren, die im Ausland um politisches Asyl ersuchten oder sich
für Menschenrechte für Uiguren einsetzten. Mehrfach
wurden seit dem Jahr 2004 uigurische Flüchtlinge, die aus
zentralasiatischen Staaten oder Pakistan nach China abgeschoben
worden waren, in unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt
und hingerichtet.
Nur eine sehr kleine Gruppe unter den Uiguren in China hat
bislang zu den Waffen gegriffen und den bewaffneten Kampf gegen
die chinesische Herrschaft aufgenommen. Statt diese
Angehörigen von kleinen Widerstandsgruppen mit
rechtsstaatlichen Mitteln für ihre Straftaten juristisch zur
Rechenschaft zu ziehen, erklären die chinesischen
Behörden pauschal die gesamte uigurische Bevölkerung
und uigurische Menschenrechtler zu "Terroristen", die
Xinjiang/Ostturkestan gewaltsam aus dem chinesischen
Staatsverband herauslösen wollten. Einen Dialog mit diesen
Widerstandsbewegungen oder mit uigurischen Menschenrechtlern oder
regimekritischen Oppositionellen lehnt die chinesische
Führung ab. Beijing setzt in Xinjiang/Ostturkestan nur auf
eine militärische "Lösung".
So wurde etwa 1990 in der Stadt Baren Studentendemonstrationen
gewaltsam beendet, was 50 Opfer forderte. Bei der blutigen
Niederschlagung von Protesten in der Stadt Gulja im Februar 1997
wurden offiziell 9 Tote verzeichnet, doch uigurische Quellen
(z.B. R. Kadeer) sprechen von Hunderten von Toten. Die VR China
hat seitdem systematisch die Sicherheitskräfte und
polizeiliche Überwachung in der gesamten Region
verstärkt. Auch hat China im Rahmen der im Jahr 2001
gegründeten Shanghaier Kooperations-Organisation die
Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit den zentralasiatischen
Nachbarstaaten deutlich verstärkt. So finden viele
uigurische Flüchtlinge aus der Volksrepublik in diesen
Nachbarstaaten heute keine Zuflucht mehr, da die Regierungen
dieser Länder Beijing nicht verärgern wollen. Immer
wieder kommt es zu Massenverhaftungen von Uiguren, zuletzt im
Jahr 2006, als nach offiziellen chinesischen Angaben mehr als
16.000 Uiguren verhaftet wurden. In Polizeistationen und
Gefängnissen werden Gefangene trotz des offiziellen
Folterverbots regelmäßig misshandelt, um vermeintliche
Mittäter zu ermitteln oder Geständnisse zu
erpressen.
Anti-Terrorkampf als Vorwand für
Repression
Seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 versucht
China seine blutige Repression in Xinjiang als Chinas Beitrag zum
weltweiten Kampf gegen den Terrorismus darzustellen. Die
UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, viele Regierungen in
aller Welt und Menschenrechtsorganisationen haben diese
Darstellung jedoch zurückgewiesen und China vorgeworfen, den
Antiterror-Kampf für seine eigenen politischen Zwecke zu
instrumentalisieren. Es seien hausgemachte Probleme, die China in
Xinjiang habe, die keinen Bezug zum Erstarken des internationalen
Terrorismus hätten, betonen Experten.
Denn in Xinjiang/Ostturkestan sind keine muslimischen Extremisten
bestrebt, einen radikal-islamischen Gottesstaat aufzubauen,
sondern uigurische Widerstandsbewegungen fordern nur die
Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts ihres Volkes und
verlangen den Respekt grundlegender Menschenrechte. Chinas
brutale Niederschlagung und Unterdrückung jeglicher
öffentlicher Kritik schürt die Gewalt in Ostturkestan
und lässt den Zulauf für diese Widerstandsbewegungen
anwachsen.
Der Fall Rebiya Kadeer
Die Uigurin R. Kadeer, Chinas bekannteste Dissidentin, war einst
eine erfolgreiche Unternehmerin und die reichste Frau der
Volksrepublik China. Sie engagierte sich für die sozialen
und kulturellen Interessen ihrer Landsleute und gründete die
"1000-Mütter-Bewegung". In den 1990er Jahren begann sie eine
politische Laufbahn im Volkskongress der Autonomen Provinz
Xinjiang und wurde anschließend als erste Uigurin zum
Mitglied des Nationalen Volkskongresses in Peking berufen. Als
sie begann, ihre politische Stellung für die Rechte der
Uiguren und gegen die Assimilationspolitik Chinas zu nutzen, fiel
sie bei der kommunistischen Staatsführung rasch in Ungnade.
In einer Justizfarce wurde sie 1999 wegen angeblichen Verrats von
Staatsgeheimnissen (sie hatte Artikel aus Zeitungen aus Xinjiang
ihrem im US-Exil lebenden Mann übermittelt) zu 8 Jahren Haft
verurteilt. 6 Jahre saß sie im Gefängnis, zwei davon
in völliger Isolation, wurde Zeugin von Folter,
Vergewaltigung, Hinrichtung.
Auf Druck von internationalen Menschenrechtsvereinigungen und der
USA wurde sie im März 2005 frei gelassen und aus China
ausgewiesen. Rabiya Kadeer, Mutter von 11 Kindern, lebt heute mit
ihrem Mann und einem Teil ihrer Kinder im Exil in den USA und
leitet die Tätigkeit der amerikanischen Aktionskomitees
für Ostturkestan. Sie ist Vorsitzende des Weltkongresses der
Uiguren mit Sitz in München. 2007 wurde sie zum dritten Mal
in Folge für den Friedensnobelpreis nominiert. Zusammen mit
dem Dalai Lama und chinesischen Menschenrechtlern trat sie
mehrfach bei großen öffentlichen Veranstaltungen
für Demokratie und Menschenrechte in China auf. Ihre
packende Lebensgeschichte ist in der biographischen
Erzählung "Die Himmelstürmerin" von Alexandra Cavelius
wiedergegeben (HEYNE 2007). Ihr Leben hat der australische
Filmemacher Jeff Daniels in "The 10 conditions of love"
verfilmt.
Einschüchterung durch Sippenhaft
Auch Sippenhaft ist verbreitet, wie das Beispiel der in China
verbliebenen Angehörigen von Frau Kadeer zeigt. So wurde im
April 2007 ihr Sohn, der 32 Jahre alte Ablikim Abdureyim zu neun
Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht warf ihm vor, sich
für die Unabhängigkeit Ostturkestans eingesetzt zu
haben. Doch die Prozessbeobachter waren sich einig: Ablikim wurde
in einem unfairen Verfahren verurteilt, weil er der Sohn der
bedeutenden uigurischen Menschenrechtlerin Rebiya Kadeer ist.
Sein "Geständnis" war unter Folter erpresst worden. Er ist
nicht der einzige Sohn Kadeers, der Probleme mit der Justiz
Chinas hat. Alim Abdurereyim wurde im November 2006 zu sieben
Jahren Haft verurteilt und ihr ältester Sohn, Kahar
Abdureyim, muss eine hohe Geldstrafe zahlen. Rebiya Kadeers
Tochter und ihr jüngerer Bruder werden unter Hausarrest
festgehalten. Da man die im US-Exil lebende Menschenrechtlerin
nicht mundtot machen kann, rächt man sich an ihren
Kindern.
Auch das Vermögen von Rebiya Kadeer wurde beschlagnahmt; das
von ihr gegründete Textil-Handelshaus wird zurzeit von den
Behörden zerschlagen. Inzwischen hat China eine eigene
Einsatzgruppe innerhalb seines Sicherheitsapparats aufgebaut, die
sich nur mit Rebiya Kadeer und ihrer Familie beschäftigt.
Von China wird Frau Kadeer heute als Staatsfeindin Nummer eins
behandelt, nachdem sie sich nicht an die bei ihrer Freilassung
erteilte Auflage hielt, sich im Exil jeder politischen
Äußerung zur Lage in China zu enthalten.
Der gesamte Text von Uli Delius kann heruntergeladen werden von: www.gfbv.de/uploads/download/download/52.pdf
Siehe auch in gfbv.it:
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| www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090106de.html
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| www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080314de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080307de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080229en.html
| www.gfbv.it/3dossier/asia/uigur.html
| www.gfbv.it/3dossier/asia/uig-guant.html
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| www.gfbv.it/3dossier/asia/china.html
| www.gfbv.it/3dossier/asia/china1.html
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