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60 Jahre Volksrepublik China (1.10.)

Kein Grund zum Feiern: Tibet und Xinjiang gleichen Zeitbombe - Neue Nationalitäten-Politik notwendig

Bozen, Göttingen, 29. September 2009

Polizei in Tiananmen Platz in Peking. Polizei in Tiananmen Platz in Peking.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat zum 60. Gründungstag der Volksrepublik China eine kritische Bilanz gezogen. "Tibet und Xinjiang/Ostturkestan gleichen einer Zeitbombe, so massiv werden dort Menschenrechte verletzt", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag. "In diesen Provinzen können jederzeit neue Auseinandersetzungen zwischen der lokalen Bevölkerung und eingewanderten Han-Chinesen ausbrechen." Dringend brauche China eine neue Nationalitätenpolitik, um Gewalt zu verhindern. "Doch bislang ist Peking leider nicht zu einem glaubwürdigen Dialog mit Tibetern und Uiguren bereit."

Noch immer setze Chinas Führung gegenüber Tibetern, Uiguren und Mongolen auf eine Politik der Kolonisierung und Gewalt, die langfristig die Stabilität des Landes bedrohe. "Statt friedlich den Ausgleich mit den drei großen Nationalitäten zu suchen, strebt Peking danach, Tibeter, Uiguren und Mongolen zur Minderheit in ihrer eigenen Region zu machen", erklärte Delius. Dabei machen die Siedlungsgebiete dieser drei Nationalitäten fast die Hälfte des Staatsgebietes aus und sind bedeutende Rohstofflieferanten für Chinas Wirtschaft.

"Auch die religiösen Minderheiten haben keinen Grund zum Feiern, denn Peking hält am Konzept der totalen Kontrolle fest", sagte Delius. "Glaubensgemeinschaften, die nicht bereit sind, sich der Allmacht der Kommunistischen Partei zu unterwerfen, werden zerschlagen." Anhängern der protestantischen Hauskirchen, der nicht offiziell anerkannten katholischen Kirche, muslimischen Imamen, buddhistischen Mönchen und Anhängern der Meditationsbewegung Falun Gong werde die verfassungsrechtlich garantierte Glaubensfreiheit verwehrt.

Die schillernden Fassaden neuer Hochhäuser und der Wirtschaftsboom könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass China von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie noch weit entfernt sei. Dies zeigten das brutale Vorgehen der chinesischen Führung gegen die Demokratiebewegung und die Unterdrückung der Internetfreiheit.

"Wer Chinas Jubiläum feiert, sollte auch der rund 40 Millionen Menschen gedenken, die seit der Gründung der Volksrepublik Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Opfer fielen." Bis heute hätten sie keine Gerechtigkeit bekommen. "Doch nicht nur im eigenen Land, sondern auch international tritt Peking Menschenrechte mit Füßen", kritisierte Delius. In Burma, Sri Lanka, dem Sudan, Äthiopien, Nigeria, Kongo und Angola schüre es mit seinem rücksichtslosen Streben nach Sicherung von Rohstoffen Menschenrechtsverletzungen und Bürgerkriege. China sehe sich selbst zwar als Weltmacht, betreibe jedoch unter Missachtung des Völkerrechts eine verantwortungslose Machtpolitik. Auch die Reaktion der chinesischen Führung auf die Finanzkrise und ihr Verhalten in der Klimadebatte änderten daran nichts, denn Peking habe stets die eigenen Interessen im Blick.